CLASSICDRIVER.DE, 29.01.2011

Fünf Fragen an: Alain Prost


Vier Mal hat Alain Prost (55) die Formel-1-WM gewonnen. Rennwagen bewegt der Franzose heute vorwiegend bei Eisrennen. An seinem leidenschaftlichen Verhältnis zum Auto hat sich über die Jahre kaum etwas geändert.

Herr Prost, Sie sind in Ihrer langen Karriere schon mit vielen Autos gefahren. War auch schon ein Elektroauto darunter?
Ja, beim Race of Champions in Düsseldorf habe ich im November 2010 einen Tesla gefahren. Der Kurs dort im Stadion war mit den vielen engen Kurven natürlich nicht besonders repräsentativ, aber ich war schon überrascht vom Fahrgefühl. In einem konventionellen Auto tritt man das Gaspedal und man fühlt unmittelbar die Kraft des Fahrzeugs, und manchmal ist es zu viel. Beim Tesla ist das ganz anders, er ist viel weicher. Aber ich muss ihn noch mal auf einer normalen Straße fahren, um einen besseren Eindruck zu bekommen.

Sie haben vor vielen Jahren gesagt, dass Ihnen jeder Kratzer an dem Auto, das Sie fahren, geradezu körperliche Schmerzen bereitet. Ist das heute immer noch so?
Absolut. Wenn ich in einem Rennwagen sitze, dann möchte ich diesem Auto nicht wehtun. Ich mag es zum Beispiel nicht besonders, hart über die Randsteine zu fahren. Natürlich weiß ich, dass das manchmal sein muss, um schnell zu sein, aber ich kann es nicht genießen. Ich würde auch niemals das Lenkrad wütend aus dem Auto schmeißen, wie man das in der Formel 1 heute manchmal sieht. Ich hatte immer ein sehr enges Verhältnis zu meinen Autos, das war häufig intensiver als das Verhältnis zu den Mechanikern oder Ingenieuren. Im Motorsport ist Leidenschaft das Wichtigste, aber es geht auch um Respekt. Ich habe den Mechanikern schon in meiner ersten Saison bei McLaren gesagt: Putzt das Auto, putzt es so gut ihr könnt, von außen und von innen. Denn wenn ich in die Garage komme und ein sauberes Auto sehe, dann will ich es unbedingt fahren. Und das wirkt sich positiv auf meine Performance aus.

Das passt zu dem präzisen Fahrstil, für den man Sie kennt. Sind Sie auch privat ein genauer Mensch?
Das bin ich, und vielleicht bin ich es zu sehr. Deshalb behaupten viele Menschen, ich sei langweilig. Im Motorsport ist Präzision mitentscheidend: Wenn du dort nicht präzise genug bist, machst du Fehler und verlierst Zeit. Aber ich bin mir nicht sicher, ob Präzision im Privatleben so viel wert ist.

Sie sind seit einigen Monaten wieder Markenbotschafter für die Uhrenmarke TAG Heuer. Wie viele Uhren besitzen Sie eigentlich?
Es sind um die 60, aber es waren schon mal mehr – leider hat jemand 15 bis 20 meiner Uhren gestohlen. Ich habe keine richtige Sammlung, aber ich mag jede einzelne von ihnen. Für mich sind sie nicht bloß Wertanlagen, ich schätze diese Uhren und ich trage sie auch. Mir sind schon oft Verträge von Uhrenherstellern angeboten worden, aber ich habe mich immer für TAG Heuer entschieden. Diese Freundschaft ist für mich ein Teil meiner Geschichte. Wir sind 35 Jahre lang immer in irgendeiner Weise miteinander verbunden gewesen, und das macht mich sehr stolz.

Vor gar nicht allzu vielen Jahren stellte Frankreich acht Formel-1-Fahrer, es gab legendäre Teams wie Ligier oder Matra. Heute fährt nicht ein Franzose in der Formel 1, es gibt nicht mal mehr einen französischen Grand Prix. Was ist passiert?
Leider ist das Interesse in Frankreich einfach nicht mehr groß genug. Die wirtschaftlichen Probleme sind natürlich nicht sehr hilfreich, aber ich habe manchmal den Eindruck, als würden wir Autos nicht mehr gern haben. Unser Land ist regelrecht autophob. Die Hersteller scheinen auch nicht die richtige Strategie zu haben, um etwas dagegen zu unternehmen. Und in den Motorsport wird nicht mehr viel investiert, denn die Sponsoren glauben, dass ein Engagement schädlich für ihr Image ist in diesen Zeiten, in denen alle über den Umweltschutz reden. Wir sind wirklich in der Talsohle angelangt. Aber im Leben ist es manchmal gar nicht schlecht, dort unten anzukommen. Denn dort lässt sich hoffentlich ein neuer Zyklus starten.

Interview: Martin Strathmann / www.classicdriver.de



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