CREDIT SUISSE, 19.05.2005

Alain Prost: "Sauber braucht einen starken Partner."



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Interview: Andreas Thomann, emagazine editor

Ex-Weltmeister Alain Prost zieht seinen Hut vor dem Sauber-Team. "Es hält seit Jahren mit den Werkteams mit." Dennoch glaubt er nicht an einen Sprung nach ganz oben. "Dazu bräuchte es eine Allianz mit einem Automobilhersteller."

Der vierfache Weltmeister erlebte als Teamchef am eigenen Leib, wie hart das Los von Privatteams in der Formel 1 geworden ist. 1997 als Nachfolgeteam von Ligier gegründet, musste das Team Prost Grand Prix ab der Saison 2001 ohne den Motorenpartner Peugeot auskommen. Bereits ein Jahr später folgte mit dem Konkurs das vorläufige Ende für Alain Prosts Karriere als Teamchef. Als scharfer Beobachter der Szene bleibt der Franzose dennoch der Formel 1 verbunden. emagazine traf Alain Prost im Vorfeld der neuen Saison. Im ersten Teil des Interviews analysiert der Champion das aktuelle Geschehen. Im zweiten Teil, der in zwei Wochen publiziert wird, wirft er einen Blick zurück auf seine epischen Duelle mit Ayrton Senna.

In der aktuellen Formel 1 kämpfen drei Privatteams gegen sieben grosse Werkteams. Ein ungleiches Duell?
Ich denke schon. Im besten Fall schafft es ein kleines Team, während einer Saison ein konkurrenzfähiges Auto zu stellen. Doch über mehrere Saisons hinweg vorne mitzumischen, liegt nicht mehr drin. Da sind die potenten Werkteams eindeutig im Vorteil: Die können sich viel schneller den Regeländerungen anpassen, weil sie spezielle Equipen haben, die sich nur mit solchen Fragen befassen. Mit Sponsoringgeldern allein kommt man heute in der Formel 1 nicht mehr ganz nach oben.

Die grossen Teams haben heute Budgets von rund 500 Millionen Franken. Wie kann man die Kostenexplosion stoppen?
Zuallererst müssen alle Verantwortlichen wirklich daran interessiert sein, die Kosten zu reduzieren. Hier liegt das Hauptproblem.

Mal angenommen, es gäbe Einigkeit. Was müsste konkret geschehen?
Um wirklich etwas zu verändern, müsste man die Anzahl Tests massiv reduzieren. Dabei darf man nicht vergessen, dass auch viele Arbeitsplätze verloren gingen. Gewisse Teams beschäftigen heute zwischen 800 und 1000 Mitarbeiter. Will man mit den Kosten runter, so geht das nur, wenn man Leute entlässt.

Was halten Sie von Einheitsreifen?
Davon halte ich nicht viel. Wenn man Einheitsreifen einführt, warum nicht auch Einheitsmotoren? Von da ist es nur noch ein kleiner Schritt zu Einheitsautos. Die Formel 1 war immer ein doppelter Wettkampf zwischen Fahrern und Technologien. Diesen Grundgedanken würde ich nicht in Frage stellen.

Wie schätzen Sie die Chancen von Sauber Petronas in einer von Werkteams dominierten Formel 1 ein?
Für mich gibt es grundsätzlich drei Kategorien von Teams in der Formel 1: die grossen Werkteams, die Privatteams und irgendwo dazwischen Sauber. Peter Sauber hat wirklich einen hervorragenden Job gemacht in den letzten Jahren. Zu Beginn der vergangenen Saison hat Sauber sogar McLaren in Schach gehalten, und in der Endabrechnung lag Sauber wiederum vor Toyota und Jaguar.

Also ist Sauber Petronas die berühmte Ausnahme, welche die Regel bestätigt?
Wahrscheinlich. Peter Saubers grosser Vorteil ist, dass er mit Petronas und der Credit Suisse zwei grosse Sponsoren langfristig an sich binden konnte. Sie geben ihm die Stabilität, die es braucht, um erfolgreich zu sein. Ich bezweifle allerdings, ob die Schweizer jemals aus eigener Kraft ganz nach vorne kommen können. Dazu bräuchte es einen Deal mit einem Automobilhersteller.

Inzwischen scheint das Team immerhin so attraktiv, dass auch ein ehemaliger Weltmeister wie Jacques Villeneuve verpflichtet werden konnte. Was trauen Sie ihm zu?
Jacques ist ein hervorragender Fahrer mit viel Charisma. Er war der Letzte, der sich auf Augenhöhe mit Michael Schumacher schlug. Allerdings habe ich seinen Wechsel zu BAR nie verstanden. Ein Fahrer von seinem Talent hätte immer in einem Team fahren müssen, mit dem er um den Weltmeistertitel hätte kämpfen können. Bei Sauber Petronas wird ihm das wohl auch nicht vergönnt sein. Für eine erfolgreiche Saison mit ein paar Podestplätzen könnte es allemal reichen.

Villeneuves Comeback weckt Erinnerungen an die Saison 1993, als Sie ebenfalls nach einem Jahr Pause wieder ins Cockpit stiegen und schliesslich Ihren vierten und letzten WM-Titel holten. Wie schwer ist es, nach einer Pause wieder in den Rennrhythmus zu finden?
Ein Unterbruch ist immer ein Risiko. Man kommt schnell aus dem Tritt, sowohl körperlich als auch mental, und man verliert auch etwas den Anschluss an die technische Entwicklung. In meinem Fall dauerte der Unterbruch zum Glück nur neun Monate, und ich wechselte ins damals beste Team, Williams-Renault.


Alain Prost: Von null auf hundert und wieder zurück
Eigentlich wollte er Fussballer werden. Als Kind spielte Alain Prost regelmässig in Klubs und absolvierte sogar einen Stage bei St. Etienne. Doch schon mit acht Jahren lernte er die Schattenseiten des Fussballerlebens kennen: Er verletzte sich am Knie, wenig später am Handgelenk. In der Zwangspause setzte sich Alain auf Drängen seines Bruders in einen Kart - es war Liebe auf den ersten Blick. Fortan raste Prost auf den Rennstrecken Europas von Sieg zu Sieg, zuerst in der Kart-Meisterschaft, später in der Formel Renault, schliesslich in der Formel 3. 1980, im Alter von 25 Jahren, war Prost reif für die Formel 1. Prost fand schnell den Tritt in der Königsklasse. Bereits in seinem zweiten Jahr fuhr er auf Renault vier Siege ein. Trotzdem sollte er sich noch vier Jahre gedulden bis zu seinem ersten Weltmeistertitel, damals mittlerweile auf einem McLaren. Bis zu seinem Abschied 1993 brachte es Prost auf vier WM-Titel, aber auch auf vier zweite Plätze. Nelson Piquet, Nigel Mansell und Niki Lauda hiessen anfangs seine härtesten Widersacher, später stellte sich vor allem Ayrton Senna dem Franzosen regelmässig in den Weg. Während zwei Saisons (1988 und 1989) kämpften Senna und Prost sogar als Teamkollegen im damals dominierenden McLaren-Rennstall. Der erbitterte Zweikampf zwischen dem heissblütigen Brasilianer und dem kühl berechnenden "Professeur" liess die Herzen der Rennsportfans höher schlagen und bescherte der Formel 1 einen Boom. Im krassen Gegensatz zu seinen Erfolgen als Rennfahrer steht Prosts Karriere als Rennstallchef. 1997 standen die Boliden von Prost Grand Prix erstmals am Start, fünf Jahre später, nach einer punktelosen Saison, meldete die Firma Konkurs an. Heute ist Prost Berater für die Formel-1-Vermarktungsgesellschaft ISE, daneben fährt er in der französischen Eis-Rallye "Trophée Andros".



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